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25heartbeats DJ Service
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Wird AI den DJ ersetzen – oder nur besser machen?

Titel: Wird AI den DJ ersetzen – oder nur besser machen?

Tags: ai, music, product, discuss

Seit Jahren lege ich auf Events auf. Parallel beobachte ich, wie generative AI, Recommender-Engines und Realtime-Analysis in die Booth drängen. Ersetzt das in Zukunft den Menschen? Meine kurze, praxisnahe Einordnung – und ich bin gespannt auf eure Gegenargumente.

Wo AI heute stark ist

  • Katalog-Wissen & Tempo-Matching: Key/BPM-Erkennung, Harmonic Mixing, Autogain – alles zuverlässig. Modelle erkennen sogar Energielevel und Stimmungen (valence/arousal) aus dem Audiosignal.
  • Schnelles Kuratieren: Für einen Style („90s RnB warm-up, 95–100 BPM, female vocal heavy“) baut ein Recommender in Sekunden solide Playlisten.
  • Routine-Tasks automatisieren: Hot-cue-Vorschläge, Beatgrids, Dubletten checken, Smart Crates, On-the-fly-Stems (Vocal/Drums/Bass) zum Live-Remixen.

Wo AI aktuell scheitert

  • Mikro-Feedback im Raum: Menschen reagieren nicht linear. 10 Leute singen, 40 nicken, 5 gehen an die Bar – und trotzdem ist es der perfekte Moment für einen unerwarteten Cut. Diese non-verbalen Signale plus Venue-Eigenheiten (Akustik, Bar-Position, Altersmix, Tageszeit) sind schwer zu modellieren.
  • Kontext & Politik: Geburtstag vs. Award-Night vs. Werkstatt-Sommerfest – mit identischer Playlist wirken dieselben Songs extrem anders. Dazu kommen No-Go’s, Moderationston, interne „Do-Not-Play“-Listen, spontane Reden. Das ist mehr Sozialkompetenz als Sortieralgorithmus.
  • Verantwortung & Haftung: GEMA/Lizenzen, laute/leisere Zonen, Safety (z. B. Abbruch bei medizinischem Notfall). Wer trägt die Accountability, wenn ein System „falsch“ entscheidet?

Realistische Zukunft: „Centaur-DJ“

Wie im Schach wahrscheinlich nicht „AI oder Mensch“, sondern „AI mit Mensch“. Ein paar konkrete Workflows, die heute schon Mehrwert bringen:

  1. Crowd-Radar statt Bauchgefühl allein
  • Edge-Cam + On-Device-Pose-Estimation → Bewegungsintensität als Signal.
  • Optional: dB-Meter + Bar-Queue-Länge.
  • Ergebnis: ein neutrales „Energie-Score“, das neben meinem Gefühl läuft, nicht darüber.
  1. Agent für Set-Bau
  • Prompt: „Warm-up 30 min, 92–100 BPM, Soulful/Neo-Soul, kein explicit.“
  • Output: 25 Tracks inkl. Key/BPM/Transition-Notizen.
  • Ich streiche/ergänze 30 % – die Restzeit investiere ich in Edits, Mashups, MC-Momente.
  1. Live-„What-If“-Simulation
  • Zwei nächste Optionen previewen lassen: „Wenn jetzt Track A → vorhergesagte Energie +0.2, wenn B → −0.1, wenn C → +0.4 aber höheres Drop-off-Risiko“.
  • Ich entscheide – die Maschine liefert Telemetrie.
  1. Compliance-Guardrails
  • Filterlisten (explicit, political), Lautstärke-Limiter, harte Curfew-Regeln als Policies, die das System nie bricht – selbst wenn ich im Flow bin.
  1. After-Action Review
  • Automatisches Set-Log mit Zeitstempeln, Mix-Notizen, Crowd-Score.
  • Daraus lernt mein Stil, nicht ein globaler Durchschnitt.

Wird AI den Menschen ersetzen?

Bei reinen Standard-Gigs mit klarer Zielgruppe? Teilweise, ja: AI-Playlists plus Light-Controller können „funktional okay“ sein.
Bei Premium-Events, bei denen Empathie, Timing, Moderation und Markenverständnis zählen? Sehr unwahrscheinlich. Der Wert liegt im Kurations-Urteil und im sozialen Lesen des Raums – das ist genau der Teil, der schwer zu automatisieren ist.

Offene Punkte, bei denen ich die DEV-Community brauche

  • Evaluation: Welche Metriken taugen wirklich? Tanzfläche-Dichte, Verweildauer, Bar-Umsatz, Lautstärke-Reaktion, Umfragen?
  • Edge vs. Cloud: Latenz, Datenschutz (Gesichter!), Offline-Sicherheit. Wer hat minimal-invasive Setups gebaut?
  • Rechte & Ethik: Dataset-Bias (Genre-Benachteiligung), Künstlervergütung, rechtssichere Nutzung von Stems.
  • Toolchain: Welche Libraries/Modelle nutzt ihr für Realtime-Audio-Features und Stimmungs-Schätzung? Erfahrungen mit On-Device-TFLite/CoreML?

Transparenz-Hinweis

Ich arbeite als Event-DJ/Agentur und teste solche Hybrid-Workflows in der Praxis. Wer neugierig ist, wie das „Centaur-Setup“ im Corporate-Kontext aussieht: Ich habe ein kurzes Case-Snippet zusammengefasst – kein Sales-Pitch, eher Prozess-Skizze mit Lessons Learned: https://25heartbeats.de

Ich freue mich auf eure Erfahrungen, Demos, Gegenbeispiele – und besonders auf harte Kritik an den vorgeschlagenen Metriken. Daddy.

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